Dienstag, 16. August 2016

Zehn lange Tage auf der Intensivstation

Um es gleich vorweg zu nehmen: nach zehn anstrengenden und immer wieder bangenden Tagen hat sich alles zum Guten gewendet und wir wurden mittlerweile als gesund entlassen.

Wir sind zu Hause und können langsam das Kennenlernen geniessen. Dennoch muss ich mich zusammenreissen, dass ich nicht bei jedem Japser oder quietschenden Geräusch von Miniminga2 Panik bekomme. Das Kind ist gesund und wächst jetzt wie jedes andere Neugeborenen weiter.

Das ist alles so unfassbar, sah es doch noch vor kurzem ganz anders aus:

Die ersten Tage auf der NIPS erlebe ich wie in Trance. Ich bin immer noch geschockt ob des Lungenkollapses und könnte in einer Tour heulen. Aber ich habe mir vorgenommen stark für das Baby zu sein. Auch wenn es da völlig ruhig gestellt vor mir liegt, kriegt es doch irgendwie meine Anwesenheit mit. Wenn wir uns schon so kennenlernen müssen, dann soll es mich bitte als starke Supermom und nicht als Häufchen Elend wahrnehmen.

Die Ärzte haben direkt nach dem Lungenkollaps eine Drainage gelegt, um die überschüssige Luft zu ziehen. Schon beim Legen konnte sehr viel Luft abgezwackt werden und ein Ultraschallbild zeigte, dass das Herz wieder an die richtige Stelle gewandert ist. Zur Sicherheit bleibt die Drainage noch 48h drin und dann wird man versuchen, diese abzuklemmen. Sollte dann keine Luft mehr in den Brustkorb entweichen, ist der Riss in der Lunge verheilt.

48h Warten: in dieser Zeit ist das Kind weiter sediert und ich kann es durch den Inkubator bestaunen. Ab und zu darf ich meine Hand reinlegen, dabei flüstere ich Miniminga2 allerhand zu, was wir machen werden, sobald wir da wieder heile rauskommen. Durch eine Magensonde wird das Baby ernährt; alle 4h darf ich selber meine mühevoll abgepumpte Milch wieder ins Kind "zurückpumpen". Ansonsten warten, warten, warten und hoffen und zwischendurch pumpen und jeden einzelnen Tropfen Milch für das Kind sammeln.

Nach 2 Tagen kann die Drainage abgeklemmt werden, 4h später hat sich keine Luft mehr angesammelt und die Drainage wird gezogen. Thank god!

Ich selbst bin aber keine Patientin mehr, sondern nur noch Begleitperson und muss die Station verlassen. Die Klinik bietet mir ein Appartment im Personalwohnhaus an, das ich mir mit einer anderen Mami, die ebenfalls ihr Baby auf der NIPS hat, teile. Leider ist die neue Bleibe kein klinisch-reines Stationszimmer, sondern ein kleines, stickendes Loch in einem 50-er Jahre Plattenbau am Rande des Klinikgeländes.

Sagen nicht alle, man soll sich im Wochenbett ausruhen? Habe ich doch gerade erst ein Kind geboren, laufe ich jetzt jeden Morgen um 6h einmal quer über das Klinikgelände zur NIPS. Bis abends um 22h bleibe ich dort (oder auf der Wöchnerinnenstation, da ich dort das Essen bekomme). Jeder Tag wird anstrengender und ich merke, wie ich bald gar keine Kraft mehr habe.

Aber zum Glück geht es dem Kind besser. Kurz nach Entfernung der Drainage wird Miniminga2 extubiert und langsam aufgeweckt. Der Inkubator wird gegen ein normales Bett getauscht und es wird auch kein zusätzlicher Sauerstoff mehr benötigt. Letztendlich kann die Magensonde entfernt werden und das Kind darf selbstständig trinken. Grandios!

Die nächsten Tage muss das Kind aufgepäppelt werden, denn es nimmt täglich immer noch 80 bis 90 Gramm ab. Also halten wir uns an den strengen Plan: alle 4h Füttern, davon maximal 10 Minuten an der Brust (vorher und nachher wiegen), Rest der empfohlenen Mindesttrinkmenge per Fläschchen noch in das Kind reinzwingen. Zum Glück habe ich regelmässig gepumpt und genügend Muttermilch für die Fläschchen gesammelt. Es wird Frauenmilchpulver (hochkalorisches Supplement) in das Fläschchen gerührt, um das Kind zu mästen. Die ganze Prozedur widerspricht leider meiner Vorstellung des Stillens nach Bedarf, aber wenn es dem Baby hilft...

Und es hilft: die Waage zeigt endlich mehr, damit haben wir die letzte Hürde genommen und dürfen heim. Welch ein Glück!


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